Nagold Eine badisch-bayrische Kunstkooperation
Schwarzwälder-Bote, 21.01.2013
Zwei Künstlerinnen gestalten die Ausstellung in der Nagolder Volkshochschule:
Rut Lörz und Rita Sigert-Krauss.
Von Barbara Rennig
Nagold. Die eine stammt aus Baden, die andere aus Bayern, und so verschieden sie selbst und auch ihre künstlerischen Techniken sind: Seit ihrem Kennenlernen in der schwäbischen Wahlheimat bei den VHS-Malkursen von Eva Maria Stein sind sie ein eingeschworenes Team: die 1972 in Mannheim gebürtige Rut Lörz und Rita Sigert-Krauss, die es vom bayrischen Schwandorf vor vielen Jahren ins hiesige Oberschwandorf verschlagen hat.
Beide stellten wiederholt gemeinsam aus, arbeiten leidenschaftlich an ihrer jeweiligen Entwicklung und zusammen mit zwei Kolleginnen regelmäßig auch in "Ritas Sommeratelier".
Bei der überaus gut besuchten Vernissage in der Volkshochschule präsentierten Rut Lörz und Rita Sigert-Krauss nun verschiedenste "Ansichten" – so der Ausstellungstitel – ihres Schaffens. VHS-Leiterin Angela Anding gab ihrer Begrüßung eine fast philosophische Note, indem sie verschiedene Interpretationen des Begriffs "Ansichten" darstellte, während Muriel Shah in gewohnt professioneller und humorvoller Manier in einzelne Werke und Arbeitsweisen der beiden Künstlerinnen einführte. "Experimentalkünstlerinnen" seien sie, die mit offenen Augen unterwegs sind und immer wieder Aufgefundenes, scheinbar Zufälliges in ihre oft großformatigen Werke integrieren: Blüten, Staub, Holzspäne, Zeitungsschnipsel. Weil ihr leidtat, dass ein Baum vor ihrem Haus gefällt werden musste, verschaffte ihm Rita Sigert-Krauss ("die Bodenständige", so Shah) ein Weiterleben in filigran wirkenden Objekten aus dessen Holz.
Das Bild "Vermalt!" zeigt Stalagmiten-artige Gebilde, die sich in kräftigen Regenbogenfarben wie eine Skyline geradezu plastisch aus dem Hintergrund erheben. In den Exponaten "Abstrakte Landschaft" spielt die Künstlerin eher mit Farbnuancen: Erdig-ockerfarbene Töne erinnern an eine Wanderdüne, während ein anderes Werk in Blau- und Grautönen den Eindruck wilder Wogen entstehen lässt, die sich an einem rauen Kliff brechen. Doch auch eindrucksstarke Porträts wie "Kenia" oder "Magdalena" vermitteln das Credo von Rita Sigert-Krauss, mit Inspiration, Neugierde und Leidenschaft immer wieder Neues zu entwickeln und sich oft Schicht für Schicht in ein Werk hineinzuarbeiten, alles wachsen zu lassen.
Rut Lörz, "eher der spontane Lufttyp" (Muriel Shah), zeigt neben colorierten Zeichnungen ungewöhnliche Ansichten von Menschen, wie die Sinti-Frau, die ihr bei einem Spontanstopp in Avignon auffiel: Just in den Augenblick, als die Mutter einer um sich versammelten Familie vor Müdigkeit die Augen zufielen, drückte Rut Lörz auf ihren "inneren Auslöser". Entstanden ist mit "Avignon" ein bewegendes Großporträt in Mischtechnik, bei dem Rut Lörz die Schultern der Gestalt fast wie mit einem Madonnenmantel in gebrochenes Weiß einhüllte. Die Collage "Ge(schicht)en" in satten Rottönen erzählt tatsächlich mindestens eine: Unzufrieden über einen Arbeitsprozess, wollte Rut Lörz ein Werk vernichten, gab Spiritus drauf, ließ es glimmen und brennen, staunte, was sich entwickelte, arbeitete weiter, sprühte Lack dazu... – und schaffte so ein ausdrucksstarkes Oeuvre.
Die zahlreichen Besucher der Vernissage ließen sich beim Betrachten der Exponate und im Gespräch mit den Künstlerinnen gerne mitreißen – auch durch Björn Gutekunst (er war erster Sieger im Regionalwettbewerb "Jugend musiziert") und seinen Bruder Lars mit ihren schwungvollen Akkordeonrhythmen, die die Vernissage musikalisch begleiteten.
Foto: RennigFoto: Schwarzwälder-Bote
>>> “Ansichten“
Rita Sigert-Krauss & Rut Lörz
vhs am Vorstadtplatz in Nagold
Ausstellungseröffnung am Freitag, 18.01.2013 - 19.00 Uhr
Ausstellungsdauer: 18.01. bis 22.03.2013
>>> “Vom Suchen und Finden“
Rita Sigert-Krauss & Rut Lörz
Klosterforum in Horb a. N.
Ausstellungseröffnung am Freitag, 17.05.2013 - 19.00 Uhr
Ausstellungsdauer: 17.05. bis 31.07.2013
Die lustigen Künstler von Haiterbach
Schwarzwälder-Bote, 15.05.2013
Von Jürgen Lück
Horb. "Vom Suchen und Finden" heißt die neue Ausstellung im Klosterforum. Ob Rut Lörz und Rita Sigert-Krauss das Rezept für zahlungskräftige Kunstfreunde gefunden haben, wird sich bis zum Ausstellungsende am 30. Juni zeigen. Jede Menge Spaß haben sie jetzt schon.
Rita Sigert-Krauss lacht: "Wenn ein Arschl uns gefällt, malen wir von hinten. Wenn nicht, sind die Menschen von vorn dran." Rut Lörz (die mit den strohblonden Haaren): "Ich male lieber Frauen. Die sind runder und besser zu malen als Männer."
Das sieht man auch an den Bildern, die sie in Horb präsentieren: Viele Akte von hinten und Gesichter.
Die beiden kennen sich seit 10 Jahren. Und seit drei Jahren machen sie regelmäßig Mal-Sessions bei Sigert-Krauss in Oberschwandorf (bei Haiterbach). Rut sagt: "Die hat einen großen Garten. Da kann man richtig so richtig mit der Farbe rumsauen. Oder auch mal einen Eimer Wasser über das Bild kippen." Klar, dass es im Garten-Atelier von Rita konzentriert, aber auch lustig zugeht, so Rut: "Ohne Musik geht gar nichts. Wir bauen und beziehen die Keilrahmen selbst, und dann geht es richtig los. Rita kocht Kaffee, ich bring ein paar süße Stückle mit. Noch ein Prosecco und zum Abschluss ein bayerisches Bier."
Rut ist dabei die Radikalere: "Mich interessiert schon, was passiert, wenn ich ein Bild anstecke. Oder wie es aussieht, wenn man Wasser über das Werk schüttet." Wie beim blauen Bild, welches neben der Tür hängt. Daneben hängt eine dickliche Frau im blauen Badeanzug. KÜnstlerin Lörz: "Die habe ich an einem Strand in Südfrankreich gesehen. Sie stand stundenlang herum und habe mit einem Zeh im Wasser geplanscht. Das fand ich so entspannt, dass ich das fotografiert und jetzt gemalt habe."
Muriel Shah, die die erste Ausstellung überhaupt im Klosterforum gemacht hatte, wird heute um 19 Uhr in die Vernissage einführen. Sie sagt: "Das ist typisch für Rut. Sie macht Fotos von den Menschen, die ihr gefallen und setzt sie malerisch um. Rita ist eher für das Abstrakte."
Künstlerin Sigert-Krauss: "Alte Holzreste aus der Schreinerei, aber auch alten Putz, Bitumen oder Hanffasern." Wie beim bläulichen Doppel-Bild, welches links auf "ihrer" Fensterseite hängt.
Und was machen die beiden, wenn die Ausstellung im Klosterforum Ende Juni zu Ende ist? Rita: "Im August machen wir eine Malreise in die Toscana. Da träume ich schon 20 Jahre davon." Und dabei dürfte es lustig zugehen. Lörz und Sigert-Krauss: "Unter Druck Kunst machen - da geht gar nichts. Gute Laune und Spaß muss beim kreativen Prozess dabei sein."
Horb a. N. Experimente mit Gips, Hanf und Asche
Schwarzwälder-Bote, 20.05.2013 20:40 Uhrsein."
Von Peter Morlok
Horb. Die beiden Experimentalkünstlerinnen Rita Sigert-Krauss und Rut Lörz, beides Autodidaktinnen mit unverstelltem Blick auf ihren künstlerischen Horizont, stellen seit Freitagabend im Klosterforum in einer Doppel-Ausstellung, mit dem Titel: "Vom Suchen und Finden" aus.
Die beiden Künstlerinnen lernten sich vor zehn Jahren bei einem VHS-Aquarell-Malkurs kennen und stellten fest, dass sie irgendeinen anderen kreativen Weg gehen mussten. Sie sind auf der Suche nach ihrem "Ding" und fanden es schon zum großen Teil in ihrer vielseitigen und tatsächlich auch vielschichtigen Malerei.
Sie experimentieren mit unterschiedlichen Materialen wie Gips, Hanf, Asche oder Papier. Gefundenes, scheinbar Zufälliges, wird gekonnt in ihre oft großformatigen Werke integriert. Ihr Credo: Mit Neugierde und Leidenschaft immer wieder Neues entwickeln und sich so Schicht für Schicht in ein Werk hinein zu arbeiten, alles wachsen zu lassen.
Betritt man den Raum, kommt man in einer scheinbar zweigeteilten Welt an. Auf der rechten Seite faszinieren die Farbenspiele von Rita Sigert-Krauss, ihnen gegenüber stehen die eher in dunkel gehaltenen Arbeiten von Rut Lörz, die gerne Menschen und andere Tiere porträtiert, wie sie auf ihrer Visitenkarte verrät. In ihrem großformatigen Bild "Wenn wir mal alt sind", das die Ausstellungsbesucher gleich am Eingang zum Forum begrüßt, wird dieser Anspruch von Lörz zur Symbiose.
Die Gesichtszüge von Mann und Frau, die miteinander durch die Wirrungen und Freuden des Lebens marschierten, werden sich in diesem Bild immer ähnlicher und erinnern in fataler Weise an die Gesichter von Affen. Eine Botschaft, die wirklich das Leben schrieb und von der Frau, die von sich sagt, dass sie in der Schule lieber gemalt als aufgepasst hat, vortrefflich skizziert wurde.
Auch in ihren neuesten Arbeiten – zwei Frauenakte – zeigt die Mannheimerin, die nun in Jettingen lebt, dass sie zwischenzeitlich viel von ihrem Handwerk versteht. "Gekonnt spielt sie mit Schatten und Licht und lässt die Körper dreidimensional erscheinen", bekam sie von Künstlerkollegin Muriel Shah, die in die Ausstellung einführte, attestiert. Die andere Hälfte der "BBs", wie man das badisch-bayerische Duo auch nennen könnte, verarbeitet in ihren Bildern alles was das Atelier hergibt.
Der alte Hanf, den Großmutter von Rita Sigert-Krauss 1945 nicht mehr zum Spinnen brachte, sorgte für Struktur in ihrem faszinierenden Werk "Vermalt", das allein schon durch seine Technik und die mehr als gekonnte Anordnung der Farben ins Auge sticht. Gleich daneben hängt ihr neuestes Werk, das seit Freitagabend den Titel "Vier Elemente" trägt. Feuer, Wasser, Luft und Erde verschmelzen hier zu einer, aus Pigmentfarben komponierten Einheit. "Diese Arbeit ist ein starkes Bild mit viel Kraft und Tiefe. Es gelingt ihr die vier Elemente harmonisch in einander einfließen zu lassen", fasste Shah ihre Eindrücke zusammen und gab dem Bild so seinen Titel.
Neben den Bildern findet der Besucher in der Ausstellung auch Holzarbeiten aus dem Hause Sigert-Krauss, die sich wie geschaffen für das rustikale Kloster-Ambiente in den Raum einfügen. Sie fügten sich sogar so gut ein, dass eine dieser Arbeiten bei der Vernissage auch gleich von einem Künstlerkollegen als praktische Unterlage für sein Sektglas genutzt wurde. Er machte sozusagen angewandte Kunst daraus und die Patina von Feuchtigkeitsrändern gibt dem Werk eine weitere Dimension.
Weitere Informationen: Zu sehen ist die Ausstellung "Vom Suchen und Finden" noch bis zum 31. Juli während den üblichen Öffnungszeiten des Klosters.
Die beiden Experimentalkünstlerinnen Rita Sigert-Krauss (links) und Rut Lörz Foto: Morlok
Foto: Schwarzwälder-Bote